Aus der großen, aber spannungsvollen Verflechtung zwischen Aufklärung und Religion stellt das Exzellenznetzwerk die Transformationen des Religiösen und des Rationalen in den Mittelpunkt. Das 18. Jahrhundert wird in der Historiographie der Geistesgeschichte – insbesondere in der Geschichtsschreibung der Philosophie – konventionellerweise als Jahrhundert des Rationalismus apostrophiert. Diese Konvention stellt indes nicht mehr als eine vorläufige Karikatur dar. Die ganze Moderne ist durch eine kontinuierliche Auseinandersetzung um Rationalitätsstandards in allen Dimensionen des menschlichen Lebens gekennzeichnet. Vor allem die Blüte und Fruchtbarkeit der wissenschaftlichen Forschung wirft zunehmend neue Fragen auf nach den Rationalitätsstandards für den Erwerb und für die Beurteilung des mit wissenschaftlichen Mitteln intendierten Wissens, aber auch nach den Rationalitätsstandards für die Kommunikation solchen Wissens an den übergroß bleibenden Kreis der nicht wissenschaftlich Ausgebildeten. Nicht zuletzt wird auch die Dimension des Religiösen selbst in die Auseinandersetzung um neue Rationalitätsstandards einbezogen.
Das 18. Jahrhundert als modernes Ursprungsjahrhundert dieser Auseinandersetzung bietet geradezu paradigmatische Materialien für Fallstudien, durch die das Exzellenznetzwerk "Aufklärung – Religion – Wissen" Transformationen des Religiösen und des Rationalen in besonders aufschlussreicher Weise untersucht. In diesem Punkt schließt das Exzellenznetzwerk an neuere Forschungstendenzen der Kulturwissenschaften an und setzt mit dem Bezugsfeld "Aufklärung und Religion" neue Akzente. Im Zentrum der Arbeit stehen Prozesse des Kontaktes, der Vermittlung, der Beeinflussung, der Wechselwirkung, der Verflechtung und der Umformung von Rationalitäts- und Religionsdiskursen, die über die Fragen nach einer Dialektik des Rationalen oder nach dem Anderen der Vernunft hinausgehen. Als Erbe der Aufklärung versteht das Exzellenznetzwerk nicht eine einsträngige Rationalität, sondern die sich in den Transformationen von Ratio und Religio formierende Selbstreflexivität.