Geltung, Kritik, Bildung: |
Prof. Dr. Heinz Thoma (Romanistik)
Prof. Dr. Daniel Fulda (Germanistik),
Prof. Dr. Sabine
Der Projektbereich verlängert Impulse aus der DFG-Forschergruppe 'Selbstaufklärung der Aufklärung' (1998-2005, Leitung:
Im deutschen Bereich lässt sich ein Bogen schlagen von dem über Frankreich vermittelten, in Halle in der Frühaufklärung besonders von Thomasius instaurierten politisch-galanten, performanzbetonten Gelehrtenideal der Frühaufklärung über die spezifische Denk- und Vermittlungsformen erzeugende Popularphilosophie, die Entwicklung und die Folgen des Kantschen Kritikbegriffs hin zum auf Bildung und 'reine' Wissenschaft (ohne Anwendungszwecke) orientierten Forscherideal des Neuhumanismus. Privilegiertes Feld ist hier nicht zuletzt die Universität, ein spezifisches deutsches Phänomen im allgemeinen Forschungsfeld von Performanz und Wissen.
Im französischen Bereich, wo die Sorbonne stark traditionsverpflichtet bleibt und sich der Aufklärung nicht öffnet, geht der Weg einmal über das Ideal der Verbindung von methodischem Zweifel und historischer Forschung sowie der Vermittlungsabsicht einer Verbindung von gesundem Menschenverstand und Logik (Bayle: Dictionnaire historique et critique), zum anderen über mondäne bzw. galante Formen der Wissensvermittlung, wie sie aus der Querelle des Anciens et des Modernes und ihrer Verbindung mit den sozialen Eliten erwuchsen (Fontenelle). Die Entwicklung mündet um 1750 in das Ideal einer systemkritisch verstandenen Eklektik (Diderot), einer auf Popularisierung für die Elite angelegten Wissensdiffusion (Encyclopédie, Voltaire) sowie in die auch volksaufklärerische Züge annehmende Aktivität der Provinzakademien.
In England, das ähnlich wie Deutschland und Frankreich zunächst einen Gegensatz von Pedanterie und Kennerschaft (connoisseur, gentleman) ausbildet, gibt die Aussonderung der Mäzene aus der Struktur der Königlichen Akademie ein Verwissenschaftlichungssignal. Besonderheiten bilden die konfessionelle Ausdifferenzierung sowie die damit verbundene religiös motivierte Trennung höherer Ausbildungsstätten, etwa die stärker auf moderne Praxis, Fremdsprachen etc. ausgerichteten Einrichtungen der dissenters, die von den Universitäten ausgeschlossen blieben; schließlich das von hier ausgehende Modell der Moralischen Wochenschriften mit genderspezifischen Adressierungen auf dem Feld der Wissensvermittlungen und nicht zuletzt das Ideal eines auf Ausgleich im Geschmacksurteil zielenden Criticism (Pope) etc.
Das Projekt erschließt und konfrontiert diese verschiedenen Wege im Verhältnis von Performanz und Wissen und überprüft die Hypothese der Genese der Herausbildung spezifischer nationaler und weltbildlicher Stile im Umgang mit Wissen im Ausgang aus einer Welt europäischer Gelehrsamkeit bzw. der Kommunikationsweisen von Wissen durch die höfisch geprägten Eliten.